Feiert die Väter!

Miyoshi Momoka „Day off“

Heute ist Vatertag. Er wird wenig gefeiert. In den Medien entdeckt man ihn hauptsächlich in Werbetexten für Rasierwasser, Anti Aging Cremen und Whiskey.

Ich nehme aber Väter überall wahr. Ich sehe sie auf der Straße mit Babys auf dem Bauch oder mit Kinderwagen. Ich sehe sie auf den Kinderspielplätzen. Ich sehe sie auf dem Rad wie sie ihren Kindern Mut und Fürsorglichkeit vorleben. 

Anfang dieses Jahres wurde die Künstlerin Miyoshi Momoka mit ihrer Abschlussarbeit an der Kunstuniversität Tokyo in Japan berühmt. 50.000 Twitter–Eintragungen beschäftigten sich damit.
Ein Tempelwächter hält ein kleines Kind in seinen Händen, links und rechts zwei löwenartige Hunde, wie sie  oft in Japan Tempeltore bewachen. Sie werden A – Hum Hunde (jap. A-Un) genannt. Im Sanskrit sind A und Hum der erste und der letzte Buchstabe des Alphabets. So ähnlich wie Alpha und Omega umfasst A – Hum das gesamte Universum. Es ist das Anfang und das Ende, Wasser und Feuer, Festhalten und Loslassen, das Wilde und das Friedliche. A – Hum umfasst alles.

Der Tempelwächter (Niō), sonst grimmig vor dem Tempel mit seinem Vajra-Schwert alles Böse abwehrend, hält zart ein kleines Kind in den Händen. Das Alte und das Junge. Das Kriegerische und das Fürsorgliche. Das Muskulöse und das Weiche. Die Vereinigung der Gegensätze.

Und zwischen Gegensätzen bewegt sich jeder Vater heute. Einerseits assistieren die jungen Väter bei der Geburtsvorbereitung und im Kreiss-Saal, nehmen ein Papa-Monat und betreuen gemeinsam mit der Mutter das Kind. Andererseits sollen sie nach einer durchwachten Nacht frisch und energiegeladen wieder am Schreibtisch sitzen und ganz für die Firma da sein. Ein schwieriger Balance-Akt. Auf der einen Seite erfüllen sie das neue Väter-Bild, auf der anderen Seite sollen sie auch im Beruf ihren „Mann“ stehen. 

Das müssen viele Mütter zwar auch. Doch am Muttertag werden seitenweise heldenhafte Mütter gefeiert, der Vatertag läuft unter ferner liefen.

Den Vätern gebührt ebenfalls Anerkennung.

Als ich in meinen Dreissigern noch an die Wichtigkeit von Karriere und Beruf geglaubt habe, hat mein Partner Paul die Betreuung unserer Kinder übernommen. Er hatte drei Geschäfte erfolgreich parallel betrieben (einen Kopierladen, ein Importgeschäft für Chianti Wein und als Filmgeschäftsführer). Doch als mir klar wurde, dass ich nicht zu Hause bleiben wolle, hat er alle drei Geschäfte von einem Tag auf den anderen zugesperrt. Er wollte unsere drei Söhne nicht in fremde Hände geben. Er wurde zum Hausmann, der schwierigsten und schönsten Tätigkeit seines Lebens.

Er besuchte Brotbackkurse, schaukelte den Kleinsten und verband die Wunden der Großen. In den wenigen Stunden in der Nacht, die er für sich hatte, schrieb er an einem Buch. Dafür bewundere ich ihn bis heute sehr.

Vor nicht langer Zeit schenkten ihm unsere Söhne ein (bereits oft gebrauchtes) Schneidbrett: „Väter sind wie Mütter, nur cooler“. Wie wahr.

Viele der heutigen Väter sind A – Hum– Väter. Deshalb passt das Werk von Miyoshi Momoka gut zum Vatertag. 

2 Kommentare zu “Feiert die Väter!

  1. Ein wirklich schöner Artikel! Danke von einem Mann. Beobachtet man die heutige Generation von jungen Vätern, so ist die neue gelebte Vaterrolle doch ein Beweis für die Emanzipation. Leider sehen viele Frauen aus zu überhöhten Erwartungen nicht, was da geleistet wird – meist ohne Vorbilder in der eigenen Familie.

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